Von Henning Meyer

Ibbenbüren. Fußball-B-Ligist Türkiyem Spor Ibbenbüren bekommt die Punkte aus dem im November abgebrochenen Spiel beim BSV Brochterbeck zugesprochen.
Die Bezirksspruchkammer in Münster-Hiltrup gab am Dienstagabend nach knapp dreistündiger Verhandlung dem Einspruch der Ibbenbürener statt und hob das erstinstanzliche Urteil der Kreisspruchkammer (wir berichteten) aus dem Januar auf, die die Partie für beide Teams als verloren gewertet hatte, weil beide Mannschaften eine Mitschuld am Abbruch getragen hätten. Die Bezirksspruchkammer argumentierte hingegen, dass eine Mitschuld Türkiyem Spor Ibbenbürens am Spielabbruch nicht zu ermitteln gewesen sei. Deswegen werde die Partie für Türkiyem Spor als gewonnen gewertet. Auch die Kosten für die Berufungsverhandlung muss der BSV Brochterbeck tragen, zudem auch noch einen weiteren Teil der Kosten für die erstinstanzliche Verhandlung. Das Urteil ist rechtskräftig, das Einlegen von Rechtsmitteln ist nicht mehr möglich, wie der Vorsitzende der Spruchkammer, Hermann Bördemann, erklärte.

Im Anschluss an die Verkündung des Urteils machte Brochterbecks Vorsitzender Heinz Slootz, der zuvor während der Beweisaufnahme von Bördemann schon mehrfach ermahnt worden war, aus seiner Wut über das Urteil keinen Hehl. „Wer am meisten lügt, bekommt in der Spruchkammer recht“, schimpfte er unter anderem, bevor er wutentbrannt den Saal verließ. Die Vertreter Türkiyem Spors waren indes mit dem Urteil zufrieden. „Die Gerechtigkeit ist zum Tragen gekommen“, so Vorsitzender Sami Didisen nach der Verhandlung.

Rückblende: Im November war das Spiel zwischen Brochterbeck und Türkiyem Spor Ibbenbüren abgebrochen worden, als es nach einem groben Foulspiel eines Ibbenbürener Spielers zu Tumulten kam, in deren Verlauf Brochterbecker Spieler und Zuschauer geschlagen wurden. Im Zuge dieser Tumulte sollen auch mehrere Zuschauer aus dem Brochterbecker Fanblock auf den Platz gelaufen sein. Der Schiedsrichter hat die Partie damals abgebrochen, auch weil kein Ordnungsdienst erkennbar war.

Leicht dürfte die Urteilsfindung für die Spruchkammer nicht gewesen sein, was allein schon die lange Beratungszeit von etwa einer Stunde zeigt. Besonderes Gewicht legte die Kammer dabei offensichtlich auf die Aussagen der beiden neutralen Zeugen, des spielleitenden Schiedsrichters und eines weiteren Unparteiischen, der zufällig bei diesem Spiel anwesend war. Beide gaben an, dass mehrere Zuschauer auf den Platz gelaufen waren. Besonders präzise war die Aussage des Zuschauers, der sofort nach dem Foul „10, 12 Leute“ auf den Platz laufen sah, „nur Brochterbecker“. Weiter führte der Zeuge aus: „Es waren keine Ordner erkenntlich.“ Weiterhin äußerten beide Zeugen die Meinung, dass die Partie unter den gegebenen Umständen nicht mehr fortzusetzen gewesen sei.

Und genau diese Frage diskutierte die Spruchkammer bei Urteilsfindung sehr lange, wie ihr Vorsitzender zugab. „Wir haben beträchtliche Überlegungen angestellt, ob der Schiedsrichter überhaupt alle Mittel ausgeschöpft hat, um das Spiel fortzusetzen“, sagte Hermann Bördemann. Am Ende dieser Überlegungen habe dann die Erkenntnis gestanden, dass ihm keine anderen „Möglichkeiten zu Gebote gestanden“ hätten. „Danach mussten wir dann überlegen, wer die Schuld an diesem Abbruch trug“, so Bördemann weiter. Dabei habe sich durch die Befragung des neutralen Zuschauers herausgestellt, dass in der entscheidenden Situation „mehrere Personen, eindeutig dem BSV Brochterbeck zuzuordnen, auf dem Platz waren und den Schiedsrichter bestürmt haben“. Eine Mitschuld von Türkiyem Spor habe nicht ermittelt werden können. Die schlagenden Spieler habe man außer Acht lassen müssen, „sie sind ja bestraft worden“, so Bördemann. Offizielle von Türkiyem Spor hätten nicht in die Handlungen eingegriffen. „Nach Paragraph 35, Absatz 2, Ziffer 6 der Spielordnung konnten wir nicht anders urteilen“, schloss Hermann Bördemann seine Begründung. Türkiyem Spor trage keine Schuld am Spielabbruch, deswegen müsse Brochterbeck auck die Kosten tragen.

Quelle: © Westfälische Nachrichten – Alle Rechte vorbehalten 2008